Liebe Mama, lieber Papa,
Eine Geburt ist ein bedeutender Moment im Leben – und oft mit großen Erwartungen verbunden. Doch manchmal verläuft sie anders, als erhofft. Unerwartete Ereignisse, medizinische Eingriffe oder Gefühle von Kontrollverlust können Spuren hinterlassen. Vielleicht lassen belastende Erinnerungen Sie nicht los, vielleicht fühlen Sie sich anders, als Sie es erwartet haben. Was Sie fühlen, ist bedeutsam und wichtig.
Was ist ein Geburtstrauma?
Ein Geburtstrauma entsteht, wenn die Geburt als überwältigend, bedrohlich oder unkontrollierbar erlebt wurde. Dabei spielt es keine Rolle, wie die Situation von außen eingeschätzt wird – entscheidend ist, wie Sie sie selbst wahrgenommen haben.
Es kann sowohl bei medizinisch komplizierten Geburten als auch bei objektiv „unauffälligen“ Verläufen auftreten. Manche Eltern fühlen sich nach der Geburt emotional erschöpft, unsicher oder innerlich distanziert, ohne dies sofort einordnen zu können.
Mögliche Auslöser sind zum Beispiel:
- Unerwartete medizinische Komplikationen wie ein ungeplanter Kaiserschnitt oder eine Frühgeburt
- Gefühle von Kontrollverlust in entscheidenden Momenten
- Eingriffe, die als übergriffig oder zu schnell empfunden wurden
- Intensive Schmerzen, Angst oder Panik während der Geburt
- Negative oder respektlose Erfahrungen mit medizinischem Personal oder in der Nachsorge
Ein Geburtstrauma ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eine verständliche Reaktion auf eine außergewöhnlich belastende Erfahrung.
Woran Sie ein Geburtstrauma erkennen können
Manche Eltern spüren unmittelbar nach der Geburt, dass etwas nicht stimmt. Bei anderen zeigen sich die Folgen erst Wochen, Monate oder sogar Jahre später. Beides ist möglich und normal.
Emotionale Anzeichen
- Anhaltende Angst, Traurigkeit oder Wut im Zusammenhang mit der Geburt
- Schuldgefühle, etwa der Gedanke: „Ich hätte stärker sein müssen“
- Gefühle von Leere oder innerer Distanz
- Überwältigende Hilflosigkeit
Körperliche Reaktionen
- Schlafstörungen oder wiederkehrende Albträume
- Anspannung und Verspannungen
- Herzrasen oder Unruhe bei Erinnerungen an die Geburt
- Schmerzen ohne klare medizinische Ursache
In der Beziehung zu Ihrem Kind
- Schwierigkeit, Nähe oder eine emotionale Verbindung aufzubauen
- Schuldgefühle, weil diese Verbindung nicht „automatisch“ entsteht
- Sorge, den eigenen Ansprüchen oder dem Kind nicht gerecht zu werden
Auf der Partnerschaftsebene
- Häufige Missverständnisse oder Konflikte im Alltag
- Rückzug eines oder beider Partner aus Gesprächen über die Geburt
- Unterschiedliche Wahrnehmungen des Geburtserlebnisses
- Gefühle von Unverständnis oder fehlender Unterstützung
- Belastung der Intimität oder Sexualität
Wiederkehrende Belastungen
- Aufdringliche Erinnerungen oder Flashbacks
- Vermeidung von Gesprächen, Orten oder Situationen, die an die Geburt erinnern
- Angst vor einer weiteren Schwangerschaft oder Geburt
Diese Reaktionen sind kein persönliches Versagen, sondern eine nachvollziehbare Antwort auf eine außergewöhnliche Belastung.
Wie Psychotherapie unterstützen kann
Ein Geburtstrauma muss nicht dauerhaft Ihr Leben prägen. In einer sicheren und respektvollen Atmosphäre können belastende Erfahrungen behutsam betrachtet und eingeordnet werden. Schritt für Schritt entsteht so wieder mehr Sicherheit im eigenen Körper und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.
In der therapeutischen Begleitung können Sie:
Einen geschützten Raum erleben
- Alle Gefühle dürfen sein – ohne Bewertung oder Zeitdruck
- Sie bestimmen, in welchem Tempo und in welchem Umfang Sie sich öffnen möchten
Belastende Erinnerungen verarbeiten
- Methoden kennenlernen, die helfen, die emotionale Intensität zu verringern
- Strategien entwickeln, um mit Erinnerungen umzugehen, ohne überwältigt zu werden
- Abstand zu den belastenden Momenten gewinnen
Schuld- und Schamgefühle abbauen
- Die Geburtssituation aus einer neuen Perspektive betrachten
- Selbstmitgefühl und Verständnis für sich selbst entwickeln
- Den inneren Kritiker in eine unterstützende innere Stimme wandeln
Die Eltern-Kind-Bindung stärken
- Raum schaffen, um Nähe entstehen zu lassen – auch nach schwierigen Anfängen
- Eigene Stärken als Mutter oder Vater bewusst wahrnehmen und nutzen
Sich auf die Zukunft vorbereiten
- Vertrauen in den eigenen Körper zurückgewinnen
- Ängste vor einer weiteren Geburt besprechbar machen
- Einen individuellen Werkzeugkasten für zukünftige Herausforderungen entwickeln
Abschließende Gedanken
Eine Geburt ist ein prägendes Ereignis – oft verbunden mit positiven Erinnerungen, manchmal aber auch mit Belastungen, die nachwirken können. Wenn Sie bemerken, dass bestimmte Erfahrungen oder Gefühle aus dieser Zeit Ihren Alltag beeinflussen, lohnt es sich, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken und sie in einem geschützten Rahmen zu betrachten.
So kann Schritt für Schritt neues Vertrauen entstehen – in sich selbst, in den eigenen Körper und in das Leben mit Ihrem Kind.
Diesen Weg müssen Sie nicht allein gehen. Sie dürfen Unterstützung annehmen, genau dann, wenn es für Sie stimmig ist.
„Verbundenheit kann auch dort entstehen, wo der Anfang schwer war.“
Bereit für den ersten Schritt?
Manchmal reicht schon ein erstes Gespräch, um etwas zu verändern. Ich lade Sie herzlich ein, Kontakt aufzunehmen. Gemeinsam schauen wir, was Sie brauchen und wie ich Sie am besten unterstützen kann.
Manuela Unterleitner
Klinische Sozialarbeiterin, Psychotherapeutin
in Kalsdorf bei Graz
Tel.: 0650/6339479
Mail: office@psychotherapie-kbt.com